Mesoamerika
Der Begriff "Mesoamerika" geht auf den deutsch-mexikanischen Kulturanthropologen Paul Kirchhoff (1943) zurück und hat sich als Bezeichnung für eine Region etabliert, die große Teile des heutigen Mexikos und Mittelamerikas (Guatemala bis Costa Rica) umfasst. Zu den bekannten präkolumbischen Kulturen Mesoamerikas gehören unter anderem die Olmeken, Maya und Azteken.
Kirchhoff wies nachdrücklich auf die Dynamik der Grenzen Mesoamerikas hin: da es sich nicht um ein geographisch definiertes Gebiet, sondern um einen Kulturraum handle, hätte sich auch die Ausdehnung Mesoamerikas im Lauf seiner Geschichte mehrfach geändert. Dennoch lässt sich Mesoamerika als Region definieren, die bei aller sprachlichen Vielfalt und politischer Zersplitterung durch historische und kulturelle Gemeinsamkeiten bestimmt ist. Zu den konstituierenden Elementen Mesoamerikas zählen:
- Urbane Zentren, politische Organisation in Stadtstaaten
- Architektur: Pyramiden und rituelle Ballspielplätze (tlachtli)
- Enge politische und wirtschaftliche Kontakte: Fernhandel (besonders mit Luxusgütern wie Kakao)
- Tributabgaben an hegemoniale Stadtstaaten und damit in Zusammenhang stehende ständige militärische Konflikte
- Kalender: Ritualkalender von 20 x 13 Tagen (tonalpohualli) und ein astronomischer Kalender von achtzehn 20tägigen Zyklen plus fünf überzähligen Tagen
- Opferriten: Menschen- und Tieropfer sowie am eigenen Körper vollzogene Opferpraktiken in Verbindung mit religiösen Visionen (Fasten, Blutentzug)
- Kosmologische Vorstellungen und bestimmte Gottheiten sind ebenfalls in ganz Mesoamerika anzutreffen
- Landwirtschaft: Mais, Kürbisse und Bohnen als zentrale Kulturpflanzen, Kultivierung von Chili und Kakao, Zubereitung von Mais mit Asche oder Kalk, Gewinnung von Alkohol aus Agaven (Pulque, Nahuatl octli)
- Bewässerungstechniken (Chinampas, Dammbauten)
- Materielle Kultur: Jagd- und Militärwaffen (maccahuitl, atlatl), Kleidung (huipil), Textil- und Keramiktechniken
- Schrift: piktographische und syllabographische Schriftsysteme
- Papierherstellung aus dem Rindenbast des Amate-Baums
- Faltbücher und Lienzos als autochthone Form des Buchs (amoxtli)
Literatur: Paul Kirchhoff, Mesoamérica: sus límites geográficos, composición étnica y caracteres culturales. Acta Americana 1 (1943) p 92-107
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