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Schriftkultur in der Kolonialzeit

Die Kolonialzeit brachte eine Reihe von Änderungen mit sich:

  • Einführung der Alphabetschrift: Mit den Missionsschulen begann auch die Alphabetisierung der einheimischen Elite. Der erste Nahuatltext in Alphabetschrift, der die Conquista aus der Sicht der Eroberten schildert (Anales de Tlatelolco), entstand dann auch nur wenige Jahre nach dem Fall von Tenochtitlan.

  • Weiterbestand des tlahcuilolli-Systems: Die Ablöse der autochthonen Schrift vollzog sich nur allmählich. Aus der Kolonialzeit sind über 500 Bilderhandschriften erhalten, die letzten Manuskripte wurden im 18. Jahrhundert verfasst.

  • Spanischer Einfluss in den Codices: Die piktographischen Bücher der Kolonialzeit unterscheiden sich sowohl in den Inhalten als auch in der formalen Gestaltung von den prähispanischen Texten. Die Kolonialherren traten mitunter auch als Auftraggeber für Schriften im prähispanischen Zeichensystem auf (Missionierung, Dokumentation der natürlichen Ressourcen und der Tributleistungen). Der Großteil der Handschriften entstand allerdings in den indigenen Gemeinden (u. a. Erfassung von Grundgrenzen, Prozessunterlagen, Genealogien).

  • Neue Schreiberämter: Zur Unterstützung der Kolonialverwaltung wurden neue Gemeindeämter geschaffen, die mit indigenen Funktionären besetzt wurden. Da die Übernahme von Ämtern die Befreiung von Tribut und Zwangsarbeit ermöglichten, kam es zeitweilig zu einer Inflation von indigenen Gemeindeämtern. Weiters waren indigene Schreiber für die Missionare tätig und übernahmen dabei auch die Rolle von Übersetzern und Informanten.
Mesoamerikanistik-Arbeitskreis
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